Beschlussvorlage Stadt Burg Stargard - 00SV/22/056
Grunddaten
- Betreff:
-
Einspruch gegen die Wahl zum Bürgermeister am 12.06.2022 in Burg Stargard
- Status:
- öffentlich (Vorlage freigegeben)
- Vorlageart:
- Beschlussvorlage Stadt Burg Stargard
- Federführend:
- Hauptamt
- Bearbeiter:
- Christian Walter
- Einreicher:
- Gemeindewahlleiter
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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●
Erledigt
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Stadtvertretung der Stadt Burg Stargard
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Entscheidung
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24.08.2022
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Beschlussvorschlag
1. Die Stadtvertretung der Stadt Burg Stargard verzichtet gemäß § 36 Abs. 1 Satz 3 Landes- und Kommunalwahlgesetz MV (LKWG M-V) auf die Bildung eines Wahlprüfungsausschusses.
2. Die Stadtvertretung der Stadt Burg Stargard beschließt gemäß §§ 35 ff. LKWG M-V den Einspruch von Herrn Rösler als unbegründet zurückzuweisen.
Sachverhalt
Die Bürgermeisterwahl der Stadt Burg Stargard fand am 12.06.2022 statt. Gegen das endgültige Ergebnis der Wahl legte Herr Andreas Rösler schriftlich mit Schreiben vom 28.06.2022 (Anlage 1) am 28.06.2022 Einspruch ein. Eine entsprechende Begründung ist Bestandteil des Einspruchs.
Gemäß § 33 Landes- und Kommunalwahlgesetz (LKWG M-V) stellt der zuständige Wahlausschuss - hier der Gemeindewahlausschuss - das Wahlergebnis fest. Die Wahlleitung macht das Wahlergebnis nach Feststellung unverzüglich öffentlich bekannt und benachrichtigt den/die Gewählte/n unverzüglich schriftlich.
Einsprüche gegen die Gültigkeit der Wahl können gemäß § 35 LKWG M-V alle Wahlberechtigten des Wahlgebietes innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntmachung des Wahlergebnisses erheben. Gegen die Gültigkeit der Wahl der hauptamtlichen Bürgermeisterin oder des hauptamtlichen Bürgermeisters steht das gleiche Recht auch nicht wahlberechtigten Bewerberinnen oder Bewerbern zu. Der Einspruch hat keine aufschiebende Wirkung.
Die Bekanntmachung des endgültigen Wahlergebnisses der Bürgermeisterwahl vom 12.06.2022 erfolgte am 14.06.2022 durch Aushang im Schaukasten des Rathauses, Mühlenstraße 30, 17094 Burg Stargard und durch Veröffentlichung auf der Internetseite der Stadt Burg Stargard. Die Einspruchsfrist endete mit Ablauf des 28.06.2022.
Demnach hat Herr Andreas Rösler form- und fristgerecht Einspruch gegen die Bürgermeisterwahl 2022 erhoben.
Über Einsprüche gegen die Gültigkeit einer Wahl entscheidet nach § 36 Abs. 1 Satz 2 LKWG M-V bei allen Kommunalwahlen die Vertretung.
Beteiligte des Wahlprüfungsverfahren sind gemäß § 36 Abs. 2 LKWG M-V die Person, die den Einspruch eingelegt hat, die Person, deren Wahl geprüft wird und die Vertrauenspersonen der Person, deren Wahl geprüft wird. Im Rahmen eines Wahlprüfungsverfahrens mittels Wahlprüfungsausschuss sind die Beteiligten zur mündlichen Verhandlung zu laden. Dieses Prozedere einschließlich des Anhörungsverfahrens entfällt, sofern die Vertretung unmittelbar über den Einspruch entscheidet.
Ein Wahleinspruch muss einen konkreten, unmissverständlichen und hinreichend substantiierten Tatbestand vortragen, aus dem sich schlüssig entnehmen lässt, welche konkreten Sachverhalte bei der Wahl bzw. bei der Vorbereitung der Wahl nach Auffassung des Einspruchsführers gegen die Wahlvorschriften verstoßen und der die Nachprüfung der rechtserheblichen Tatsachen zulässt.
Einsprüche gegen die Gültigkeit der Wahl sind gemäß § 40 LKWG M-V zulässig, wenn
- der gewählte Bewerber nicht wählbar war,
- bei der Vorbereitung der Wahl oder bei der Wahlhandlung Unregelmäßigkeiten vorgekommen sind, die das Wahlergebnis beeinflusst haben können,
- an einer Stichwahl nicht die beiden Personen mit den höchsten Stimmenzahlen teilgenommen haben,
- die Feststellung des Wahlergebnisses durch den Gemeindewahlausschuss nicht richtig erfolgte.
Der Einspruch erfolgte in Bezug auf mögliche Unregelmäßigkeiten bei der Vorbereitung der Wahl.
Unregelmäßigkeiten nach § 40 Abs. 2 LKWG M-V sind alle Verstöße gegen Vorschriften des Wahlgesetzes oder der Wahlordnung sowie gegen allgemeine Wahlgrundsätze (§ 2 Abs. 1 LKWG M-V) – hierzu: Kommentierung „Landes- Kommunalwahlrecht Mecklenburg-Vorpommern“, Klaus-Michael Glaser, 5. Auflage.
Im Rahmen der Einspruchsbegründung wird vorgetragen, dass der Kindertag (01.06.2022) durch den Bewerber und amtierenden Bürgermeister der Stadt Burg Stargard Tilo Lorenz zum Anlass genommen wurde, um verbotenen Wahlkampf im Unterricht zu betreiben.
Zu beurteilen ist also die Frage, ob es sich bei den verteilten Geschenken um Wahlwerbung handeln könnte und ob es sich bei dem Besuch des Bürgermeisters am Kindertag um eine Tätigkeit im Rahmen des Wahlkampfes handelt.
Eine eindeutige Erkennbarkeit von Wahlwerbung ist gegeben, wenn beispielsweise Namenszüge eines Bewerbers, Parteibezeichnungen, -abzeichen oder auch politische Programme auf Flyern, Plakaten oder auch Kindertags-Geschenken vorhanden sind. Eine eindeutige Erkennbarkeit von Wahlwerbung ist zweifelsohne zu verneinen. Verschenkt wurden je eine Gummibärentüte und ein Eisgutschein im Wert von 1,50 EUR ohne jeglichen politisch orientierten Schriftzug in Bezug auf die bevorstehende Bürgermeisterwahl. Ein vorhandenes Ablaufdatum des Eisgutscheins ist dahingehend von unerheblicher Bedeutung, selbst wenn dieses in einen Zeitraum kurzfristig nach dem Wahltermin fällt.
Weiterführend wird im Hinblick auf den Kindertags-Besuch des Bürgermeisters festgestellt, dass die Frage nach der Unterscheidung zwischen Bürgermeister und Privatperson von irrelevanter Bedeutung ist. Eine klare Trennung zwischen Dienstzeit und Freizeit eines Trägers des öffentlichen Amtes scheidet in diesem Zusammenhang in jedem Fall aus. Sofern ein Bürgermeister sich beispielsweise nicht ausdrücklich im Urlaub befindet, gilt jeder Tag als Repräsentant der Stadt als ein Tag im Dienst. Als gleichzeitiger Träger der Grundschule und Regionalen Schule obliegt es dem Bürgermeister originär sich in regelmäßigen Abständen von den öffentlichen und örtlichen Gegebenheiten zu überzeugen. Wurde in diesem Zusammenhang der 01.06.2022 gleichzeitig für einen Besuch der Kindertags-Veranstaltung der Schulen im Stadtgebiet ausgewählt, so ist dies nicht als mögliche Wahlkampf-Veranstaltung durch den Bewerber Lorenz zu werten. Ganz im Gegenteil wird die Bedeutung dieses Tages in derer Weise gewürdigt, dass eine Person des öffentlichen Lebens in Form des Bürgermeisters in seiner Funktion auch gegenüber den Schülerinnen und Schülern Präsenz vermittelt.
Ein weiterer Bestandteil der Begründung des Einspruchs bezieht sich darauf, dass in den Vorjahren keine Geschenke an den Schulen durch den Bürgermeister verteilt worden sind. Sowohl im Jahr 2020 als auch 2021 war auch die öffentliche Verwaltung, hier in Person des Bürgermeisters, an strenge Verhaltensregeln und Vorgaben durch die herrschende Corona-Pandemie gebunden. Ein persönlicher Besuch in den Schulen war schlichtweg nicht möglich.
Begründet wurde der Einspruch ebenso mit der privaten Finanzierung der Kindertags-Geschenke des Bewerbers und amtierenden Bürgermeisters der Stadt Burg Stargard Tilo Lorenz. Ohne die öffentliche Kasse der Stadt Burg Stargard unrechtmäßig zu belasten, liegt die Annahme nahe, dass es Herrn Lorenz ein persönliches Bedürfnis gewesen ist, den Kindern eine Freude zu machen. Zudem hätte eine nicht private Finanzierung einen tatsächlich unzulässigen Wahlkampf zur Folge gehabt. Dies ist eindeutig zu verneinen.
Somit ist festzustellen, dass Herr Lorenz die Kindertags-Veranstaltung nicht als Privatperson besucht hat, wohl aber die Finanzierung aus privater Hand erfolgt ist. Hieraus ergehen in Gänze keine Unregelmäßigkeiten bei der Vorbereitung der Wahl.
Unter der Vorgabe der Gleichberechtigung und -behandlung aller Bewerber und Bewerberinnen muss weiterhin betrachtet werden, ob weitere Bürgermeister-kandidaten/Bürgermeisterkandidatinnen den Kindertag als Präsenzveranstaltung für sich genutzt haben könnten. Nicht allein der Bewerber und amtierende Bürgermeister Tilo Lorenz hat in seiner amtlichen Funktion die Kinder am Kindertag besucht. Auch die Bewerberin Katja Sievert nutzte den Kindertag um mit Kindern u.a. im Marie-Hager-Haus zusammen zu kommen und diesen Tag in ihrer öffentlichen Funktion als stellv. Stadtvertretervorsteherin zu würdigen. Hieraus resultiert ein vergleichbarer Umgang mit dem Kindertag. Weitere Bewerber gab es nicht.
In Rede steht darüber hinaus die Nutzung öffentlichen Bildmaterials unter Abbildung von Kindern am Kindertag auf der privaten Facebook-Seite des Bewerbers und amtierenden Bürgermeisters der Stadt Burg Stargard Tilo Lorenz. Sowohl auf einer privaten Homepage als auch auf der privaten Facebook-Seite ist es einem Amtsträger unbenommen, sich darzustellen. Mögliche Veröffentlichungsrechte des Bildmaterials sind dahingehend vorausgesetzt und werden nicht angezweifelt.
Als weitere Begründung des Einspruchs wird vorgetragen, dass der Bewerber und amtierende Bürgermeister der Stadt Burg Stargard Tilo Lorenz in der letzten Ausgabe des gemeindlichen Amtsblattes (Stargarder Zeitung – Ausgabe 05/22) vor der Bürgermeisterwahl „heimliche Wahlwerbung“ betrieben hat.
Im Rahmen der inhaltlichen Gestaltung eines amtlichen Mitteilungsblattes ist zunächst zwischen einem informatorischen Gehalt und einer reklamehaften Aufmachung zu unterscheiden.
Der Inhalt eines Amtsblattes hat in aller Regel einen informatorischen Gehalt von Seiten der kommunalen Verwaltung gegenüber seinen Bürgerinnen und Bürgern. Artikel, Bildmaterial und Berichte sind demzufolge immer anlassbezogen. Bei der in Rede stehenden Ausgabe der Stargarder Zeitung erfolgte eine Berichterstattung hinsichtlich verschiedener Themen, welche zweifelsohne Anlass genug geben, um inhaltlich einen informatorischen Gehalt vorweisen zu können. Darüber hinaus ist eindeutig ersichtlich, dass die dargestellten Themen mit bildlichen Darstellungen und namentlichen Erwähnungen in die entsprechende zeitliche Abfolge hineinpassen. Sofern ein fachlicher Anknüpfungspunkt zur aktuellen Tätigkeit eines Amtsinhabers für die Artikel vorhanden ist und eine reklamehafte Aufmachung eines Berichtes/Artikels nicht gegeben ist, bleiben derartige Veröffentlichungen zulässig (VG Schwerin, Der Überblick 2014 S. 115).
Nicht zum Tragen kommt abschließend die Begründung, dass der Bewerber und amtierende Bürgermeister der Stadt Burg Stargard Tilo Lorenz die Mai-Ausgabe (05/22) der Stargarder Zeitung bewusst als Mittel zur Werbung durch eine über das übliche Maß hinausgehende inhaltliche Einflussnahme genutzt hat.
Auch darauf bezogen wird auf die nach wie vor gegenwärtige Corona-Pandemie hingewiesen. Gerade im ersten Drittel des Jahres 2022 bestimmten tiefgreifende Einschränkungen die gesamte Bevölkerung. Präsenzveranstaltungen konnten nicht oder lediglich mit einem sehr hohen Aufwand verbunden durchgeführt werden. Mit den allseits bekannten Lockerungen im Frühjahr 2022 war es wieder möglich auch als Bürgermeister persönlich bei Jubiläen zugegen zu sein, an Versammlungen teilzunehmen oder gar Arbeitseinsätze ins Leben zu rufen. Damit verbunden ist eine entsprechende anlassbezogene Berichterstattung im gemeindlichen Amtsblatt.
Die Stadtvertretung der Stadt Burg Stargard hat die entsprechend § 36 LKWG M-V notwendigen Prüfungen vorgenommen.
Die Stadtvertretung der Stadt Burg Stargard hält den Einspruch von Herrn Andreas Rösler gegen die Wahl des Bürgermeisters der Stadt Burg Stargard vom 12.06.2022 für zulässig aber für unbegründet. Die Stadtvertretung der Stadt Burg Stargard weist den Wahleinspruch nach § 40 Abs. 5 LKWG M-V zurück.
Das Wahlergebnis behält mithin seine Gültigkeit.
Gemäß § 42 Abs. 1 LKWG M-V ist die Wahlprüfungsentscheidung Herrn Andreas Rösler sowie der Rechtsaufsichtsbehörde binnen einer Frist von zwei Wochen schriftlich mit Begründung und Rechtsbehelfsbelehrung zuzustellen. Gegen diese Entscheidung besteht binnen eines Monats nach Zustellung die Möglichkeit der Klage vor dem Verwaltungsgericht.
Anlagen
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2,9 MB
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